Predigt vom 26. Juli 2015

Gnade sei mit euch von Gott, unserem Vater und unserem Herrn und Bruder Jesus Christus! Amen.

Bibeltext Mt 5, 13-16

13 Ihr seid das Salz der Erde. Wenn nun das Salz nicht mehr salzt, womit soll man salzen? Es ist zu nichts mehr nütze, als dass man es wegschüttet und lässt es von den Leuten zertreten.


14 Ihr seid das Licht der Welt. Es kann die Stadt, die auf einem Berge liegt, nicht verborgen sein.


15 Man zündet auch nicht ein Licht an und setzt es unter einen Scheffel, sondern auf einen Leuchter; so leuchtet es allen, die im Hause sind.


16 So lasst euer Licht leuchten vor den Leuten, damit sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen .

Salzgeschichte

Eins: Gut, dass wir Salzkörner hier so sicher in unserem Salzstreuer zusammensitzen und ganz unter uns sind. Da kann uns so leicht niemand rausholen.


Zwei: Wieso gut? Ich für meine Person will salzen, also ich will raus. Das ist meine Aufgabe!


Drei: Ja, schon, sicher – ich eigentlich auch. Aber ich muss ja nicht damit anfangen. Ich traue mich nicht. Wer weiß, was mich draußen erwartet. Außerdem bin ich so klein, da kann es auf mich nicht ankommen.


Zwei: Papperlapapp. Sei nicht so zaghaft. Dein Sinn besteht nicht darin, hier im Salzstreuer zu hocken und mit uns, den anderen Salzkörnern, geistreiche Gespräche zu führen. Du sollst salzen. Und wenn die Suppe heiß ist, wird es eben Zeit.


Eins: Aber viel Salz ist doch vielleicht gar nicht nötig, oder? Und es gibt sicher einige unter uns, die wir vorschicken können, sozusagen als Abordnung, weil sie das Würzen studiert haben.


Drei: Eben, ich bin noch nicht genügend informiert! Und dann ist die Suppe ja auch so wahnsinnig nass!

Eins: Ich überlege gerade: Wenn so viele von uns gehen, könnten wir die Suppe nicht sogar versalzen?


Zwei: Unsinn! Wenn wir uns nicht verklumpen, sondern schön ausbreiten und verteilen, wird es eine gute Suppe – und sie soll ja für viele reichen!


Eins: Könnte nicht vielleicht die Suppe hier in den Salzstreuer kommen … eigentlich müssten wir das verlangen.


Drei: Oh ja, und jeder ist uns ja herzlich willkommen! Alle wissen doch, wo der Salzstreuer zu finden ist.


Zwei: Schluss jetzt. So kommen wir doch nicht weiter. Ein Salzkorn wollt ihr schicken, wo die Kraft von uns allen nötig ist. Und wenn ihr warten wollt, bis die Suppe hier in den Salzstreuer fließt, dann wartet ihr bis zum jüngsten Tag. Es ist unsere Aufgabe zu salzen, und wir müssen das alle tun.

Von der Kanzel: Während noch verlegenes Schweigen herrschte, fühlten sich die Salzkörner ganz plötzlich emporgehoben. Alle, die ihre Aufgabe erkannt hatten, ließen sich fallen. Es wurde eine gute Suppe.

8. Sonntag nach Trinitatis

Gespräch der Salzkörner

Liebe Gemeinde!


Es ist ziemlich unsinnig, das kleine Gespräch der Salzkörner im Salzstreuer, die sich weigern zu salzen. Salz, das sich weigert zu salzen hat seinen Zweck verfehlt. Salz, das nicht mehr salzt ebenso – sagt Jesus. Dann kann man es ja gleich auf die Straße werfen und zertreten. Allerdings habe ich noch nie erlebt, dass Salz aufhört zu salzen, solange man es trocken lagert. Ich habe hier einen Sack Salz, Sel de mer, den ich ziemlich genau vor drei Jahren in der Bretagne gekauft habe und der salzt immer noch. Außerdem bei uns wäre selbst Salz auf der Straße ja noch gut im Winter – aber ein Wüstensohn wie Jesus kannte natürlich keinen Schnee.


Jesu Satz: Ihr seid das Salz der Erde ist eigentlich so klar, dass ich ihn nicht weiter erklären muss. Ohne Salz schmeckt keine herzhafte Speise. Ohne Salz konnte man zur Zeit Jesu keine Lebensmittel haltbar machen, denn Salz konserviert und hält frisch. Ohne einen gewissen Anteil an Salz in der Ernährung würden wir sogar sterben. Es wäre also unsinnig Salz nicht zu nutzen, es gar zu verweigern. Aber was heißt es denn für uns, wenn wir das Salz der Erde sind?


Als junge Studentin hat mich Ernesto Cardenal, suspendierter Priester aus Nicaragua und seine Bauern in Solintename beeindruckt. Beim Gespräch über den Bibeltext, den wir eben gehört haben, sagte ein Bauer: „Jesus wählt dieses Beispiel, weil das Salz bei keinem Essen fehlen darf. Ein Essen ohne Salz hat keinen Geschmack. Wir müssen der Welt Geschmack geben.“ Und ein anderer: „Eine Welt voller Ungerechtigkeit ist fade. Vor allem für die Armen hat das Leben so keinen Geschmack.“ Und der Nächste: „Eine kleine Prise Salz ist schon genug, denn es ist stark. Man streut ein bisschen. Und so können auch wir, obwohl wir nur wenige sind, der Welt Geschmack geben…“


Der Welt Geschmack geben – was für eine schöne Beschreibung dessen, was Jesus wollte. Eine Welt, die gottlos ist, in der sich jeder nur um sich kümmert, in der sich die durchsetzen, die die härtesten Ellenbogen haben, ist geschmacklos. Aber auch eine Kirche, die sich nur um sich selber dreht, nur der Vergewisserung der eigenen Glaubenssätze dient, ist geschmacklos. Die Welt und in ihr auch die Kirche bekommt Geschmack, wenn alle Menschen in ihr einen Platz bekommen an dem sie nicht nur ertragen oder geduldet, sondern auch willkommen sind. Manchmal braucht es dazu gar nicht viel: Ein freundliches Wort, das einem anderen Mut macht. Menschen, die ein Stück Weg im Leben mit dem, der Hilfe braucht gehen. Manchmal auch finanzielle Unterstützung, damit der, der gestrauchelt ist, wieder auf die Beine kommt. „Eine kleine Prise Salz ist schon genug“, sagte ein Bauer. Man kippt schließlich auch nicht den ganzen Salzstreuer in die Suppe. Auch hier hätte das Salz seinen Zweck verfehlt.


Ebenso unsinnig: Eine Kerze oder eine Lampe, die man entzündet hat unter einen Eimer zu stellen. Das brennende Licht kann dann niemandem mehr leuchten und am Ende wird es erstickt. Und niemand macht sich erst die Mühe, eine Kerze anzuzünden, um sie dann unter einem Eimer zu verstecken.


Das Schöne an einer Kerze ist doch gerade, dass sie, obwohl so klein, einen Raum ausleuchten kann. So wie wenig Salz Geschmack in die Suppe bringt, so bringt eine kleine Kerze Helligkeit dorthin, wo alles dunkel ist.


Was mir noch zu denken gibt an Jesu Beispiel:

Salz und Licht wollen sich nicht selber erhalten. Sie haben einen Zweck und dabei verbrauchen sie sich. Übertragen heißt das: Die Kirche und in ihr die Christen sind nicht um ihres Selbstzweckes da, nicht um ihren Bestand zu sichern. Die Kirche und die Christen in ihr haben ihren Zweck darin, der Welt Würze, Geschmack zu geben, d.h. auch dorthin zu gehen, wo sie gebraucht werden. Das heißt auch, von dem zu erzählen, was sie glauben, was sie trägt im Leben, das Evangelium weiterzugeben. Damit das, was ihrem Leben Licht und Helligkeit gibt, auch andere erreicht. Und das geht nicht, wenn man im Salzstreuer – Verzeihung: in der Kirche – sitzen bleibt.


Salz und Licht machen nicht alles zu Salz und Licht. Die Suppe bekommt Geschmack durch das Salz, aber sie bleibt Suppe und wird nicht selber zum Salz.


Das Licht macht es Hell, aber dort, wo es nicht hinreicht, bleibt es dunkel. Die Dunkelheit wird eben nicht dauerhaft selber Licht. Und so sollte die Kirche auch nicht das Ziel haben, alles zu vereinnahmen. Die Christen sollen von ihrem Glauben erzählen, ihn weitergeben, aber nicht, damit sie diese Volkskirche erhalten, sondern damit andere erfahren wie gut es ist, sich auf diesen Gott, der in Jesus Christus zu uns Menschen gekommen ist, zu verlassen. Dabei dürfen sie aber sie selbst bleiben und ihren eigenen Glauben zu diesem Gott entwickeln.


Salz und Licht sind einfach und klein und bewirken doch so viel, einzeln und gemeinsam. Das ist ein großes Vertrauen, das Jesus in uns setzt. Er sagt nicht, ihr könntet das Salz oder Licht der Welt sein. Er sagt: Ihr seid das Salz und Licht der Welt. Ich bin vielleicht nur ein kleines Salzkorn, aber wenn ich anfange der Welt Geschmack zu geben, dann kommen andere Salzkörner dazu. Und wenn ich mein Licht anzünde, dann sehen es andere und erinnern sich, dass sie auch leuchten können. Und dann wird nicht nur ein kleiner Raum hell, sondern eine ganze Stadt. Zum Schluss noch ein Gedicht von Rudolf Otto Wiemer:


Ihr seid das Salz der Erde

Vielleicht nur ein Korn

aber das Korn, man wird es schmecken.
Ihr seid das Licht der Welt
Vielleicht nur ein Funke,
aber der Funke fällt hell auf den Weg.
Ihr seid die Stadt auf dem Berge,
vielleicht nur ein Haus,
aber das Haus lacht aus den Fenstern.
Ihr seid das Salz der Erde,
vielleicht nur eine Handvoll,
aber das Salz bewahrt vor Fäulnis.


Und der Friede Gottes, der höher ist als all unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.


Pfarrerin Martina Lembke-Schönfeld

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