Gott schenke uns ein offenes Herz für die Worte des Lebens und ein lebendiges Wort für unser Herz. Sein Geist regiere unsere Herzen und Sinne.
Amen.
Der Predigttext zum heutigen Sonntag steht in der Offenbarung des Johannes im 1. Kapitel. Dort heißt es:
9Ich bin Johannes, euer Bruder. Ich teile mit euch Bedrängnis, Hoffnung auf Gottes Welt und standhafte Geduld in Jesus. Ich war wegen der Verkündigung des Wortes Gottes und des Zeugnisses von Jesus auf die Insel Patmos verbannt. 10Der Geist ergriff mich an einem Sonntag, dem Tag des Herrn und ich hörte hinter mir einen lauten Ton, wie von einer Posaune: 11 „Was du siehst, schreib in ein Buch und schicke es den sieben Gemeinden, in Ephesus und Smyrna, in Pergamon und Thyatira, in Sardes, in Philadelphia und Laodizea.“
12 Ich drehte mich um, die Stimme zu sehen, die mit mir gesprochen hatte. Da sah ich sieben goldene Leuchter 13 und in der Mitte der Leuchter jemand, der einem Menschen ähnlich war, fußlang bekleidet und um die Brust mit einem goldenen Gürtel gegürtet. 14Haupt und Haare waren weiß wie Wolle, weiß wie Schnee, seine Augen wie eine Feuerflamme, 15 seine Füße ähnelten geschmolzener Bronze, wie im Ofen gebrannt, seine Stimme war wie das Tosen einer mächtigen Brandung, 16in seiner rechten Hand hatte er sieben Sterne, aus seinem Mund ragte ein zweischneidiges, scharfes Schwert, wie die Sonne in ihrer leuchtenden Kraft sah er aus!
17Als ich ihn sah, fiel ich wie tot zu seinen Füßen. Er legte sei-ne Rechte auf mich und sagte:
„Fürchte dich nicht! Ich bin der Erste und der Letzte 18und der Lebende. Ich war tot, und sieh doch: ich bin lebendig bis in alle Ewigkeiten. Ich habe die Schlüssel des Todes und des Totenreichs.“
Liebe Gemeinde,
das sind Worte eines Mannes aus einer fernen Zeit von einem fernen Ort. Er sagt: „Ich bin Johannes, euer Bruder“. Fast 2000 Jahre zwischen damals und heute. Gut 2900 Kilometer zwischen der Insel Patmos und Brambauer. Fern und fremd sind scheinen auch die Worte und Bilder, die Johannes verwendet.
Trotzdem berühren sie mich. „Ich bin Johannes, bin euer Bruder“. Das berührt mich - über die Entfernung von Raum und Zeit hinweg. Berührt mich, obwohl seine Bilder und Worte phantastisch und irreal, befremdlich für mich sind.
Johannes schrieb auf der Insel Patmos, in seiner Verbannung in eine römische Strafkolonie zur Zeit der Christenverfolgung unter dem Kaiser Diokletian: „Ich bin Johannes, euer Bruder. Ich teile mit euch Bedrängnis, Hoffnung auf Gottes Welt und standhafte Geduld in Jesus. Ich war wegen der Verkündigung des Wortes Gottes und des Zeugnisses von Jesus auf die Insel Patmos verbannt.“ Johannes schrieb das an die jungen christlichen Gemeinden am Ende des ersten Jahrhunderts nach Christus. Weil er sich zu Christus bekannte, weil er von einer anderen Wirklichkeit und von einem anderen Gott als dem Kaiser sprach, war er verbannt worden. Bedrängnis war für ihn und seine Glaubensgeschwister damals im Konkreten sicher etwas anderes als für uns heute – und doch kenne ich – und bestimmt ihr auch – Bedrängnis aus der eigenen Erfahrung. Und nicht nur Bedrängnis, sondern hoffentlich auch Hoffnung auf Gottes Welt und standhafte Geduld in allem, was wir durchzustehen haben. Diese Erfahrungen kennen wir wohl alle und sie verbinden uns mit Johannes. Es ist als hätte er es mir und dir heu-te gesagt: „Ich bin Johannes, dein Bruder. Ich teile mit dir Bedrängnis, Hoffnung auf Gottes Welt und standhafte Geduld in Jesus.“.
Lasst uns heute Morgen seinen Worten nachspüren und uns fragen:
Was ist meine Bedrängnis?
Was bedeutet für mich: Hoffnung auf Gottes Welt?
Was heißt für mich: standhafte Geduld in Jesus?
II
Bedrängnis
ich spüre eine große Enge … Druck von allen Seiten … keine Luft mehr zum Atmen … erdrückt werden … eine große Schwere lastet auf mir … verkrümmt werden … Spielball an-derer sein … Angst schnürt mich zusammen … alles wird zu viel…wie lange noch? … wie lange kann ich noch durchhalten, aushalten? … meine Kraft reicht nicht für all die Belastungen…
Vieles kann mich bedrängen:
Etwas, das mir geschieht oder was mir angetan wird.
Etwas, das ich an mir selbst nicht mag. Manches Mal Ich selbst, wie ich gerade bin und mir so sehr wünsche anders, jemand anderes zu sein.
Bedrängen kann - das Unverständnis anderer gegenüber meinem Glauben.
- können die Veränderungen in der Gesellschaft und ihre Aus-wirkungen auf die Kirche.
- Leid und Unrecht, das anderen geschieht – in meiner Nähe und in der weiten Welt.
- Bilder und Stimmen aus dem Fernseher, dem Radio, dem Internet oder der Zeitung mit all den Sorgen und Ängsten, die sie aufwerfen
Es soll jetzt Zeit sein, dem eigenen Gefühl der Bedrängnis nachzuspüren und dem, was mich bedrängt. Was ist meine Bedrängnis? Wir hören dazu Musik.
Orgelchoral zum Anhören: Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen (EG 381, 2x)
III
Hoffnung auf Gottes Welt?
Johannes lebte unter der Herrschaft des Kaisers von Rom. Sein Alltag war geprägt von Gewalt gegen die Untertanen – auch die Christen - zum Machterhalt des Kaisers. Und Johannes spricht hier von dem, worauf er inmitten von Unterdrückung und Gewalt vertrauen kann, worauf er hoffen kann: auf Gottes Welt, von der Jesus sprach. Als Zeichen für diese andere, neue Welt hat Jesus Kranke geheilt und Ausgestoßene in die Gemeinschaft zurückgeholt. Er hat deutlich gemacht, dass die Macht derer begrenzt, die über Menschen herrschen. Dass das Leben stärker ist als jeder Tod. Dass die Macht derjenigen, die auf Gewalt setzen, ihr Ende hat. Diese Hoffnung kommt nicht erst in der Zukunft. Sie ist jetzt und wirkt jetzt. Sie ist spürbar in der Gemeinschaft derer, die ihr Vertrauen ganz und gar auf Gott setzen. Hoffnung ist spürbar in uns, in dir und mir!
Die Hoffnung, das Vertrauen und sich verlassen auf Gottes Welt hilft denen, die unter Gewalt leiden, den Blick zu heben und über das hinaus zu sehen, was sie bedrängt. Diese Hoffnung gibt Kraft, sich gegenseitig zu unterstützen und inmitten der Bedrängnis Gutes, Heilendes zu erfahren. Diese Hoffnung richtet auf – Johannes und mich auch!
Wir hören Musik und haben dabei Zeit anzuschauen, welche Bilder der Hoffnung auf Gottes Reich wir in uns haben. Was ist meine Hoffnung? Worauf verlasse ich mich – im Leben und im Sterben – in jeder Bedrängnis?
Orgelchoral zum Anhören: Suchet zuerst Gottes Reich in dieser Welt (EG 182, 2x)
IV
Standhafte Geduld in Jesus
Ich stelle mir vor: Ich stehe fest, gut verwurzelt wie ein Baum, unverrückbar. Jemand versucht mich wegzudrücken oder weg-zuziehen. Doch es gelingt nicht. Ich spüre Festigkeit, Stabilität, Kraft und Energie. Meine Achtsamkeit schwebt mit sanfter und geduldiger Beharrlichkeit, dass ich nicht erstarre und beweglich bleibe. Ich konzentriere mich. Bin ganz hier und jetzt. Nur so kann ich das Gleichgewicht halten und auf meinem Platz bleiben im Angesicht der Kräfte, die an mir ziehen und schieben.
Standhafte Geduld in Jesus:
Stehenbleiben, auch wenn es unbequem wird, indem ich Kraft schöpfe aus der Quelle der Kraft, aus Gott, der in mir ist. Wenn ich mich Gott hingebe, erfahre ich Kraft, Stärke und Standhaftigkeit.
Allein dadurch werde ich fähig, mich dafür einzusetzen, dass Menschen in Würde leben können - wie Jesus selbst es tat. Mit offenen Augen und Ohren durch meinen Alltag zu gehen und darauf zu achten, wo ich etwas dazu beitragen kann. Schon durch kleine Gesten, durch ein Lächeln oder durch ein freundliches Wort, wenn sie aus einer Haltung echter Offenheit entspringen. Manchmal braucht es auch einen längeren Atem, die Würde der anderen herzustellen.
Bei Musik können wir jetzt anschauen, was standhafte Geduld in Jesus für uns persönlich bedeutet. Wo und wann bin oder wie werde ich standhaft?
Orgelchoral zum Anhören: Ein feste Burg ist unser Gott. (EG 362, 2x) – eine innere Burg Johannes, unser Bruder, teilt mit uns Bedrängnis, und auch Hoffnung auf Gottes Welt und Standhafte Geduld, die in den Bedrängnissen, in Angst und Schuld, in allen Schwierigkeiten des Alltags auch da sind. Für ihn sind sie wirklich im Geist, der ihn ergreift, erschüttert. Er beschreibt diese Geisteskraft in Bildern, die uns phantastisch und irreal, fremd scheinen. Sie stammen aus seiner jüdischen Tradition. Johannes sieht eine menschenähnliche Gestalt in der Mitte von sieben goldenen Leuchtern, im Gewand eines Hohenpriesters mit einem goldenen Gürtel. Kopf und Haare sind strahlend weiß, …, die Stimme laut wie rauschendes Wasser. In der Rechten sieben Sterne und aus seinem Mund ragt das scharfe Schwert eines Richters, leuchtend wie die Sonne.
Johannes ist überwältigt, fällt – gelähmt von Angst - wie tot zu Boden. Da legt die Gestalt ihre Hand auf ihn und spricht ihn liebevoll an: „Hab keine Angst! Ich bin der Erste und der Letzte und der Lebende. Ich war tot, und sieh doch: ich bin lebendig bis in alle Ewigkeiten. Ich habe die Schlüssel des Todes und des Totenreichs.“ Damit erkennt er die Gestalt: Es ist Gott, Jesus selbst. Seine Hand liegt auf ihm holt ihn aus seiner Erstarrung zurück ins Leben. Ermutigt ihn inmitten all seiner Bedrängnisse und dich und mich auch: „Fürchte dich nicht!“.
Gottes Hand liegt auf uns, gibt Hoffnung, auf die wir vertrauen und geduldige Standhaftigkeit in allen Lebenssituationen.
Wir haben andere Bilder und Worte für das, was uns im Leben und Sterben hält, worauf wir unbedingt vertrauen. Die Erfahrung aber, dass uns etwas hält und trägt und liebt, das wir nicht mit Augen sehen können, und doch in uns ist, haben wir mit Johannes gemeinsam.
Das Tragende und uns in jeder Bedrängnis Rettende wird wirklich, wenn wir ihm vertrauen – in jedem Moment unseres Alltags… und nur dann. In diesem Vertrauen hören wir die Stimme die entschieden sagt: Hab keine Angst: denn Ich, Gott bin da!
Amen.
Noch einmal hören wir Musik und haben Zeit die eigenen Bilder zu entdecken, die uns Mut machen, unsere Hoffnung stärken und die Angst weichen lassen.
Orgelchoral zum Anhören: Meine Hoffnung und meine Freude (EG 576 Regionalteil Württemberg, 3x)
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