Gemeindebrief Dezember 2023 / Januar 2024

Der neue Gemeindebrief liegt als Download bereit.


Meine Schwiegermutter war fast 90 Jahre alt, als unsere Tochter geboren wurde. Sie war fast blind, aber immer noch eine energische, manche sagten „harte“ Frau, die ihr Leben allein meistern musste, weil ihr Mann starb, als ihr Sohn sechs Wochen alt war. Anfang der 1950er Jahre sicher eine schwere Zeit. Doch als ich die kleine Sarah in ihre Arme legte, ging eine Verwandlung mit ihr vor. Ganz sanft hielt sie das Baby, ihr Gesicht leuchtete und die fast blinden Augen schienen zu strahlen. Ein großer Frieden ging von den beiden aus.


An dieses Bild muss ich jedes Mal denken, wenn ich den obigen Vers, den Monatsspruch für Dezember, höre. Dieser Vers gehört zur Weihnachtszeit wie die Geburtsgeschichte. Obwohl er gesprochen wird, als Jesus schon sechs Wochen alt ist und im Jerusalemer Tempel Gott geweiht werden soll, wie es für den ältesten Sohn im Judentum üblich ist. Simeon, ein alter und frommer Mann, dem prophezeit wurde, dass er nicht stirbt, bevor er den Heiland gesehen hat, erkennt in diesem Kind den Christus und stimmt einen Lobgesang an und die uralte Prophetin Hanna, die ebenfalls im Tempel ist, stimmt mit ein. Diese beiden alten Menschen haben ihr Leben lang auf den Erlöser gewartet und jetzt erkennen sie in dem hilflosen Baby den Heiland. Welch ein tiefer Friede sie erfüllt haben muss!


Simeon nimmt Jesus aus Marias Armen in die eigenen Arme, er segnet ihn und gibt ihn Maria zurück, als das Christuskind, als den Messias Gottes. Alt und Jung begegnen sich und die beiden Alten sind es, die als erste die Botschaft vom rettenden Messias verbreiten, weil sie aufgrund ihres Glaubens in dem Baby mehr erkennen als ein hilfloses Menschenkind.


Mich beeindruckt an der Geschichte, dass die beiden alten Menschen sich nicht mit dem Ist-Zustand der Welt abgefunden haben, sondern ihrer Hoffnung eine Stimme geben. Dass sie die Zukunft ausrufen, das Licht in der Dunkelheit sehen, in dem Baby den Christus. Das macht doch unseren Glauben aus, dass wir immer wieder hoffen auf Gottes neue Welt. Dass wir immer noch glauben, dass wir zu retten sind.


Meine Tochter war nicht der Messias, aber meine Schwiegermutter hat erkannt: Solange Menschen in diese Welt geboren werden, gibt es Hoffnung. Verlieren Sie die nicht!


Pfarrerin Martina Lembke-Schönfeld

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